13. Ist der Mensch von Natur aus gut oder böse?

Diese Frage wurde über Jahrhunderte seit der Antike unterschiedlich beantwortet und hatte großen Einfluss auf manche Epochen.

In dieser Homepage wurde dargelegt, dass der Mensch und sein Denken eine Beziehungsstruktur sind, die er zu sich selbst, zu anderen und Anderem wie z.B. zu Gott aufbaut. Daher ist er eingebettet in soziale Bezüge und Kulturen, die ihn prägen und in der er sich in seiner biologischen Erscheinung und Prägung zu sich selbst, anderen und anderem in Beziehung setzt.

Das führt zu der These, dass der Mensch mit seinen Beziehungen untrennbar verbunden ist, so dass seine „Natur“, also das was er von Geburt an ist, diese Beziehungsstruktur ist. Der Mensch ist die Beziehung selbst.

Er lebt in Raum und Zeit. Das Wesen der Zeit ist Trennung, und zwar unaufhörlich von der Gegenwart in eine nicht mehr veränderbare Vergangenheit. In dieser Gegenwart trifft er Entscheidungen, die ihn von anderen Möglichkeiten trennen und kontinuierlich zu seiner Lebensgeschichte und Identität werden.

Jede Trennung bekommt so die Bedeutung von Tod, der das Lebendige der Gegenwart auslöscht und zur Geschichte macht. Die Trennung der Beziehung zu seinem eigenen Körper ist der physische Tod. Aber auch die Trennung von der Gegenwart im Zeitablauf, die Trennung von menschlichen Beziehungen wie eine Ehescheidung, Entscheidungen, in denen man sich von anderen Lebensmöglichkeiten notwendigerweise trennen muss, sind letztlich Erfahrungen von Tod, da sie nicht rückholbar sind. Niemand kann parallel zwei verschiedene Leben leben.

Die Vergegenwärtigung von Trennung ist Angst.

Das Leben des Menschen ist somit in den Grundstrukturen Beziehung, Trennung und Angst.

Der Mensch ist aber vor allem und ganz grundlegend Beziehung und das bedeutet Verbundenheit.

Da der Mensch grundlegend diese Beziehung selbst ist, so liegt es nahe, diese grundlegende Struktur in seiner höchsten Ausgestaltung Liebe zu nennen. Ein Begriff, der hier ausschließlich als rationale Struktur beschrieben wird.

Vollkommen klar ist jedoch auch, dass die emotionale Ausgestaltung ein wichtiges und tragendes Element von Beziehungen ist. Allerdings eben nicht nur, denn Liebe ist auch eine Entscheidung und damit auch eine Haltung, so dass in Beziehungen Gefühle schwanken können aber dadurch nicht gleich zum Zusammenbruch der Beziehung führen, da sich die Liebe zur Treue, also einer fortgesetzten Entscheidung und diese sich zur Haltung festigen kann und dadurch eine große Schwankungsbreite von Gefühlen möglich wird, ohne die grundsätzliche Entscheidung zur Liebe in Frage zu stellen.

Es geht hier jedoch um die existenzielle Ausrichtung von Beziehung des Menschen und daher:

Es gibt keine höhere Rationalität als die der Liebe.

Die vielfältigen Ausgestaltungen im individuellen und gesellschaftlichen Leben, als hoffentlich tragendes Gefühl in Ehen und Lebensgemeinschaften, in Familien etc. sind in der grundlegenden Struktur des Menschen natürlich eingeschlossen.

Der Mensch ist also von Natur aus weder gut noch böse, denn er ist Beziehung, die in beiden Richtungen ausgestaltet werden kann.

Wer liebt ist glücklich, denn er realisiert das Potential menschlichen Lebens.

Nichts erzeugt weniger Zwang und gibt gleichzeitig mehr Freiheit als Liebe.

Das sind die Kernaussagen dieser Homepage.

Diese Ausführungen folgen der in den USA seit so langer Zeit tief verwurzelten Demokratie und einer demokratischen Politik, die nach James Madison in ihrer politischen Realisierung „die größte Meditation über die menschliche Natur darstellt.“

James Madison legt sich nicht fest in dir Frage, ob die Natur des Menschen gut oder böse sei, sondern er sieht das Potenzial des Menschen für Gut und böse.

Und er als auch die Gründerväter der amerikanischen Demokratie wollen die Menschen schützen vor den Auswirkungen des Bösen.

Das Böse schädigt und zerstört die Beziehungsstruktur des Menschen und das Gute baut sie auf. Das könnte eine einfache Definition von Gut und Böse darstellen. Sünde als religiöser Begriff ist alles, was das Leben schädigt und daher natürlich nicht im Widerspruch zu dem bisher Gesagten steht.

Aber in dieser Beziehung und deren schwer zu realisierender Ausrichtung auf die Liebe sowie den vielfältigen Entscheidungen in der Zeit liegt auch die Tragik und das Glück des einzelnen Menschen wie der Menschheit begründet. Und der Einzelne ist und bleibt abhängig von so vielen Entscheidungen von anderen in Kultur, Wirtschaft und Politik, so dass er in eine Schicksalsgemeinschaft eingebunden ist.

Es ist ein nicht endender Kampf in der Menschheitsgeschichte, die Beziehungsstrukturen möglichst positiv zu gestalten und fortzuentwickeln.

Daher verteidigen Demokratien den Weg zum Guten in der Liebe und gegen das Böse, das Beziehungsstrukturen zerstört.

Das ist in der Natur, also in der grundlegenden Beziehungsstruktur des Menschen, angelegt.

Daher sind die Autokraten und Diktatoren, die Machthaber mit ihren oft widerlichen Menschenrechtsverletzungen oder auch kriminellen Handlungen auf dem falschen Weg und ihre Bevölkerungen spüren und wissen das, denn sie leiden unter ihnen. Ihr wesentliches Machtmittel ist die Angst und deren desintegrative Wirkung in den einzelnen Menschen. Angst, die Beziehungsstrukturen zerstört und die sich letztlich gegen das Leben selbst wendet, denn sie ist die Vergegenwärtigung der Trennung.

Damit befinden sie sich aber auf der unglücklichen Seite der Geschichte und ihre Entscheidungen bringen weiteres Unglück in die Welt. Stalin, Mao und Hitler sind keine Beispiele von gelingenden Beziehungen und Glück, und zwar weder im Individuum noch in der Gesellschaft.

Etwas anzustreben heißt nicht, dass man es erreicht hätte. Daher sind Demokratien in einem ständigen Ringen um diesen Weg unterwegs.

Demokratien benötigen wie auch das individuelle Leben eine ständige Einübung, einen ständigen Aufbruch auf positive Ziele.

Gut und Böse sind aus dieser grundlegenden Sicht nicht einfach beliebige soziale Konstrukte;

Konstrukte, die bestimmten Machtinteressen dienen, wie es Friedrich Wilhelm Nietzsche (1844-1900) philosophisch darlegte.

Er legte die Grundlagen für ein Denken, dass die menschliche Natur als eine Lebenskraft beschreibt, die letztlich nur den „Willen zu Macht“ realisiert und moralische Begriffe hierzu benutzt. Alles dient nur dem Erreichen der Macht. Daher können alle Werte umgewertet werden: „Nichts ist wahr, alles ist erlaubt“ (Genealogie der Moral),

Diese gedankliche Vorbereitung bringt in der Konsequenz solche Gestalten wie Hitler hervor, der in seiner nationalistischen Ausrichtung im Sinne des „Make Germany great again“ bis zum fast notwendigen Endpunkt, nämlich dem millionenfachen Tod von Menschen, Beziehungsstrukturen zerstört hat und so abgrundtief das Böse in die Welt des damaligen Deutschlands gebracht hat, das sich dann seinen Weg in die Welt gebahnt hat.

Nietzsche führt aus, „dass dem Schein, dem Willen zur Täuschung, dem Eigennutz und der Begierde ein für alles Leben höherer und grundsätzlicher Wert zugeschrieben werden müsste“.

Wenn der Mensch jedoch durch keinen Halt mehr darin findet, was wahr ist und worauf er bauen kann, dann verliert er Halt und kommt in jene „metaphyische Obdachlosigkeit“, die ihn dafür öffnet, alles Beliebige zu glauben und alles Beliebige zu tun.

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